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Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG

last updated:
23.09.2016


Revision 3.0
Martin Weiler Teil 3

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Qualifizierung,  Entwicklung des Zentralen Zeitsystem  ab 1962

Mit der Übernahme der Flughoheit durch die DDR, waren auch an bestimmten Punkten neue Navigationsmittel aufzubauen, um die Flugzeuge in den relativ engen Luft-Korridoren sicher zu leiten.

800W Sender

Dazu gehörte der Aufbau von neuen Sendeanlagen ( ungerichtete Funkfeuer ) an bestimmten Punkten ( rote Markierungen ) der Luftstrassen und zwei VOR-Anlagen der Firma LORENZ ( unteres Foto ). Für die NDB wurden 800-Watt-Schiffsfunksender,aus der Produktion des Funkwerk Köpenick eingesetzt
Die NDB (Non-Directional Beacon ) senden im Frequenzbereich von 200-450 KHz und können mit einem Leuchtfeuer, das von allen Seiten gleichzeitig zu sehen ist, verglichen werden. Im Flugzeug wird ein  Radiokompass verwendet, der die Richtung zum NDB anzeigt.

Luftstrassen Die VOR-Anlagen sind mit einem Leuchtturm zu vergleichen, dessen gebündeltes Licht umläuft. Zur Positionsbestimmung wird ein spezielles Phasenvergleichsverfahren genutzt (die Erklärung hierzu, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen ). Technisch bedeutsam ist, dass diese Anlagen im UKW-Bereich ( 112-118 MHz ) arbeiten und damit zu allen Tages- und Nachtzeiten eine exakte Positionsbestimmung ermöglichen. Das ist beim NDB nur in der Tageszeit möglich. Nachts treten bei diesem, auf Grund der veränderten Ausbreitungsbedingungen, Fehler auf. Radiokompass
Die Installation der Anlagen erfolgte weitestgehend in Ortschaften oder auf dem freien Feld. Aus Kosten und Materialgründen musste vorerst, so mancher Schuppen der Anwohner dafür genutzt werden. Diese übernahmen dann auch die auch die Ein-und Ausschaltung der Sender, sowie die Störungs-Meldung an den Flughafen.
Nebenbei gelangten sie damit auch in den Besitz des sehr begehrten Telefon-Anschlusses. Zu damaliger Zeit, eine Rarität.

Für den Aufbau auf dem freien Feld wurden ausgemusterte Personenwagen,von der damaligen Reichsbahn, beschafft und über Tieflader an die Standorte gebracht.

Wagon 2 Wagon 3

Für die VOR-Anlagen, die ein rundes Blechdach erforderten, mussten runde Ziegelbauten errichtet werden (Foto rechts ). Die Personenwagen wurden auf Fundamente gesetzt und von unseren betriebseigenen Werkstätten ausgebaut.
Alle entbehrlichen Einbauten wurden entfernt und der Innenraum für die Installation der Technik vorbereitet :

  • Verkleidung der Innenwände mit Spanplatten
  • Verlegung von Fussbodendielen und Linoleum
  • Elektroinstallation und Heizung mit Temperatursteuerung
  • Installation von automatischen Netzregeltrafos für eine stabile Stromversorgung
  • Entlüftung und Innen- und Aussenanstrich.

Wir installierten dann, in Zusammenarbeit mit der Gruppe Mechanik-Montage, die Sender (Haupt-und Reservesender) einschl. der notwendigen Umschalteinrichtung und der Antennenanlage. Ein derartiger  Waggon steht nach meinen Kenntnissen, noch heute in der Nähe von Storkow (Ort Buck im Land Brandenburg) auf einem Hügel und wird von Funkamateuren genutzt.

Vor

Die Feldwege zu den Anlagen , die auf freiem Feld standen, waren natürlich alles andere brauchbar.  Das betraf besonders die VOR-Anlagen, die zur einwandfreien Funktion, eine weiträumige ebene Fläche ohne Bebauung erforderten. Die Bauern hatten mit ihren Traktoren keine Probleme, aber wir mit dem PKW.

So manches mal mussten wir ins Dorf laufen, um einen Traktor zu besorgen, der uns dann aus dem Matsch herauszog  oder im Winter aus der Schneewehe. Störungen waren auf Grund, der zum Teil unstabilen örtlichen Stromversorgung vorprogrammiert, so dass uns des öfteren der Einsatzfahrer zum  Flughafen holen musste. Dann wurde in das Störungsfahrzeug umgestiegen und  zur jeweiligen Anlage gefahren. Meistens nur eine Sicherung oder Röhre gewechselt, aber die Technik musste unter allen Umständen wieder einsatzbereit sein.

Die Schiffsfunksender wurden dann in den nächsten Jahren durch speziell für unsere Belange entwickelte und von der Lorenz AG in Leipzig, gefertigte Sender, ersetzt.

Allen diesen Anlagen gemeinsam war, dass auf Grund der Röhrenbestückung und der nicht immer qualitätsgerechten Senderöhren-Produktion, ein relativ hoher Aufwand zur Entstörung betrieben werden musste, zumal der Einsatz von Halbleitern damals nur begrenzt möglich war. Weitere Störquellen waren im Winter die vereisten Antennen und die Mechanik zur Erzeugung von Morsezeichen, die zur Identifikation des Senders diente. Ein Motor mit Getriebe drehte eine Scheibe, auf der in bestimmten Abständen Zacken eingefräst waren. Ein Schleifkontakt tastete diese Zacken ab und schaltete dann den Tongenerator im Sender ein bzw. aus. Häufige Störungen waren auf Grund dieser Mechanik vorprogrammiert.

Mit den ersten elektronischen Baugruppen des damaligen "Ursamat-Systems" habe ich dann einen Morsegeber auf elektronischer Basis entwickelt, der in Serie gebaut und an allen Sendeanlagen eingesetzt wurde.

Für Fachleute :
Ein Multivibrator erzeugte den Grundtakt, der in einem Binärteiler weiter herabgesetzt wurde. Die Ausgänge des Teilers wurden mit  UND-, ODER-Logikbausteinen, so zusammen geschaltet, das eine den geforderten Morsezeichen entsprechende Impulsfolge generiert wurde. Ein Verstärkerbaustein  mit einem Reedrelais sorgte dann für die potentialfreie Tastung des Tongenerators im Sender.Übrigens haben die Reedrelais die garantierte Lebensdauer, um mindestens den Faktor 10 überlebt.

Zusätzliche Störungen und Ausfälle kamen im Winter durch die Vereisung der Antennen dazu.
Für letzteres Problem wurde eine relativ einfache aber wirkungsvolle Methode angewendet, um die Störungen zu minimieren. Ich  konnte feststellen, dass die Abstimmung der Sender bei Vereisung der Antenne nur um einen bestimmten Betrag korrigiert werden musste. Mit einer selbst entwickelten und gebauten Nachstimmeinrichtung haben wir erreicht, dass diese Veränderung automatisch ausgeglichen wurde.

Für Fachleute :
In das Antennenabstimmgerät wurde ein Zusatzdrehkondensator mit Motorantrieb, eingebaut. Die Motorsteuerung erfolgte über eine selbst entwickelte Elektronik, die die richtungsabhängige Veränderung der Senderparameter bei äußeren Einflüssen auf die Antenne, auswertete. Die Grundabstimmung der Anlage erfolgte nun bei halber Kapazität des Zusatz-Drehkos.
Veränderte sich jetzt der Antennenstrom in positiver oder negativer Richtung, so wurde dieses durch die Elektronik ausgewertet und der Kondensator solange verstellt, bis die alten Parameter wieder erreicht wurden. Einfach und primitiv, aber äußerst wirksam.

Das Röhrenproblem haben wir mit laufenden Garantieansprüchen, mit denen wir den Hersteller zur Qualitätsverbesserung zwangen, lösen können.
Der Grund für diese Misere war eigentlich recht simpel. Die Produktion der Röhren war auf Weisung von "Oben" , von Erfurt nach Berlin verlagert worden und man hatte den "Berlinern" offensichtlich vergessen, eine geringfügige Abweichung der Herstellungstechnologie mitzuteilen. Ein spezieller Zusatzstoff für das Katodenmaterial der Röhren wurde nachfolgend zusätzlich verwendet und das Problem war aus der Welt.
Kleine Ursache, grosse Wirkung.

Flugfunk Zwischendurch war natürlich auch Qualifizierung notwendig.
Für die Prüfung und den Test von Bodenanlagen mussten wir ja Flugfunkgespräche führen, was normalerweise nur mit einer speziellen Erlaubniss gestattet war. Also drückten wir nach Feierabend die Schulbank, machten uns mit den nationalen und internationalen Bestimmungen des Fernmeldegesetzes vertraut und hielten nach erfolgreicher Prüfung die Sprechfunkerlaubnis für Flugsicherungs-Bodenanlagen in der Hand.

Auf technischem Gebiet waren  wir zwar der Meinung, dass wir fast alles wussten, was für die Instandhaltung, Reparatur und Entwicklung von Technik  notwendig war, aber die betrieblichen Bedingungen machten doch die Erlangung des Funkmechanikertitels notwendig. Die erforderliche Qualifizierung zum Funkmechaniker holten wir dann in Form der Abendschule nach. Die praktische Prüfung wurde im FUNKWERK- KÖPENICK abgelegt.

Zum anderen mussten wir in der näheren Zukunft die Fahrzeuge mit 4 Rädern selbst bewegen und so war auch der Erwerb der Fahrerlaubnis notwendig. Zum Glück für uns, wurde dieses auf betrieblicher Ebene organisiert, so dass wir erhebliche Kosten sparen konnten. Andererseits war der Fahrschulwagen,ein 3-Tonner-Diesel mit nichtsynchronisierten Getriebe, ein H3A aus der DDR-Produktion. Da lernten wir so richtig die Gänge mit Zwischengas schalten, was dann auch für die später benutzten sowjetischen  Fahrzeuge vom Typ SIL notwendig war. Bei der Prüfung mussten wir noch einen Anhänger ankoppeln. Das war zwar nicht erprobt, aber das haben wir dann auch hinbekommen.

In der Folgezeit haben wir dann die verschiedensten Fahrzeugmodelle vom PKW, LKW bis zum Jeep, mehr oder weniger erfolgreich, bewegt. Hierbei hatten wir kaum Erfahrungen mit der technischen Ausrüstung von Fahrzeugen, was sich in der folgenden Episode äusserst negativ bemerkbar machte.
H3A

Kurz vor Jahresende 1961 musste ich zur Beseitigung von mehreren Störungen an auswärtigen Funkanlagen, mit einem FRAMO-Bus ,zum ersten mal alleine fahren. In der Annahme, dass mein Vorgänger bei der letzten Fahrt keine Probleme hatte, setzte ich mich hinters Lenkrad und fuhr los.
Es war lausig kalt und das Fahrzeug mit seiner damaligen Heizleistung nicht gerade komfortabel. Ich war etwa 20 Kilometer von Berlin entfernt, da zeigte die Kühlwasseranzeige bedrohlich rote Werte an. Also am nächsten Gehöft angehalten, um einen Eimer Wasser gebeten, den Kühlerverschluss aufgemacht und das eiskalte Wasser eingefüllt. Ein leises Knacken im Motorblock lies mich aufhorchen - hoffentlich war nichts passiert. Es war dann aber doch der Fall, denn nach kurzer Fahrzeit entwichen dem Auspuff weisse Dampfwolken - also war doch Kühlwasser in den Motor gekommen.
Ich habe dann den Motor bei den beiden Reparaturen an den Anlagen nicht mehr ausgemacht, um einen eventuellen Fehlstart zu vermeiden, denn es war zu dieser Tageszeit kaum einer auf der Strasse, der mir helfen konnte. Mein mitfahrender Kollege hatte leider noch keine Fahrerlaubnis. Wir haben das dann auf der Autobahn noch bis kurz vor Berlin geschafft, aber dann war endgültig Schluss. Ich erreichte gerade noch einen Parkplatz, auf dem zufällig ein Armeefahrzeug stand. Die nahmen meinen Kollegen mit und er konnte dann von der nächsten Telefonzelle einen weiteren Mitarbeiter anrufen, der Bereitschaftsdienst hatte. Dieser kam dann auch nach einiger Zeit an - allerdings auch mit dampfenden Kühler. Er hat mich dann bis zum Flugplatz geschleppt und an den nächsten Tagen hatte die KFZ-Werkstatt voll zu tun, um beide Fahrzeuge wieder in Ordnung zu bringen.

In Zukunft haben wir dann doch mehr auf den Zustand der Fahrzeuges bei Fahrtantritt geachtet.

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